SBB Digital Asset Twin
DAT - Warum die Legos in der Kiste bleiben.
Mit dem Digital Asset Twin (DAT) lässt sich die Instandhaltung des Rollmaterials, unter Berücksichtigung der Wirkungszusammenhänge zwischen Fahrzeugen, Anlagen und Mitarbeitenden-Ressourcen, simulieren. Da dies mit einer vorhandenen Datenbasis über einen beliebigen Zeitraum - aktuell rund 20 Jahre - geschehen kann, sind Aussagen zur langfristigen Anlagen-Auslastung, Fertigungsstunden und weiteren Grössen möglich und Ressourcenengpässe werden sichtbar. Aktuell wird der DAT primär für die jährliche Aktualisierung des Anlagen-Richtplans verwendet, mit welchem unter anderem die Serviceanlagen dimensioniert werden. Wie der DAT funktioniert und was er sonst noch alles kann, erfährst du in diesem Artikel.
​
​
Digitalisierung der LEGOs
Bis 2021 hat das so genannte LEGO-Modell die Erstellung des Richtplans für die Instandhaltungsanlagen unterstützt. Die Berechnung des Instandhaltungsbedarfs wird hierbei auf Basis von Standplatzstunden gemacht. Der Abgleich zwischen Bedarf und Gleiskapazität erfolgt mit LEGO-Bausteinen. Das Modell ist dabei sehr statisch und zeitaufwändig, weshalb die Abbildung von geänderten Randbedingungen nur begrenzt möglich ist. Zudem können keine Aussagen zu Fertigungsstunden getroffen werden.
Symbol. Abbildung des Wirkungszusammenhangs zwischen Fahrzeugen, Anlagen und Personal.
Aufgrund der Defizite des LEGO-Modells wurde die Entwicklung eines neuen, strategischen Instandhaltungssimulators angestossen. Das als Digital Asset Twin bezeichnete Tool simuliert die Wirkungszusammenhänge der Assets (Fahrzeuge, Instandhaltungsanlagen und Personalressourcen) und wurde Ende 2022 erfolgreich in Betrieb genommen. Damit ist es nun möglich, verschiedene Szenarien über einen längeren Zeitraum, aktuell bis 2042 zu prüfen, Produktionsengpässe zu identifizieren und dabei Veränderungen in den Rahmenbedingungen zu berücksichtigen.
​
​
Anwendungsbereich
Zurzeit wird der DAT primär zur jährlichen Aktualisierung des Anlagen-Richtplans verwendet. Dabei bildet der Simulator die Entscheidungsgrundlage für die Sicht der Serviceanlagen, mit Fokus auf Betriebsunterhalt, Reparaturen und punktuell modulare Revision. Eine Weiterentwicklung mit der Sicht der Werke (modulare und klassische Revisionen, Projekte, Fahrzeugbeschaffungen) ist aktuell in Umsetzung, damit in naher Zukunft die gesamte schweizweite Instandhaltung an den Fahrzeugen simuliert werden kann.
​
Das Zielpublikum des Digital Asset Twin sind all diejenigen, die an der Analyse des Gesamtsystems zwischen Angebot (Fahrzeugentwicklung und Umläufe), Instandhaltungsanlagen und Instandhaltungs-mitarbeitenden interessiert sind. Insbesondere können damit Aussagen zu zukünftigen Entwicklungen des Instandhaltungsbedarfs, aktuell im Horizont von rund 20 Jahren, untersucht werden. Da die im Simulator abgebildeten Assets (Fahrzeuge, Anlagen und Mitarbeitende) durch die Logik in Wechselwirkung zueinanderstehen, können mit dem Digital Asset Twin die Auswirkungen von Änderungen dieser Assets simuliert und analysiert werden. Dies ermöglicht bspw. Investitions-Entscheidungen auf der Grundlage von Szenarienvergleichen.
Der DAT als Entscheidungsgrundlage für die Dimensionierung der Serviceanlagen.
Simulationstool
Die Simulationssoftware wurde in Zusammenarbeit mit externen Entwicklern mit der Programmiersprache Anylogic programmiert und kann grundsätzlich auf jedem Laptop im Java installiert und betrieben werden. Da die Inputdaten jedoch sehr umfangreich und Wirkungszusammenhänge komplex sind, ist der Betrieb des DAT auf das Kernteam beschränkt, um Fehlinterpretationen auf Grund von Manipulationen zu verhindern.
​
​
Ergebnisse
Die im Simulator erzeugten Datensätze (Text-Dateien) werden zur Visualisierung in ein PowerBI geladen, das zu diesem Zweck eigens aufgebaut wurde. Mit den Simulations-Ergebnissen lassen sich unter anderem Aussagen zu folgenden Grössen machen.
​
Die Auslastung gibt das Verhältnis an zwischen der zur Verfügung stehenden Kapazität, gegeben durch das Produkt aus Gleislänge und Schichtstunden, und der im Simulator durch die Fahrzeuge erzeugte tatsächliche Gleis- und Schichtbelegung.
Eine weitere relevante Grösse, die anhand der Ergebnisse des Simulators ausgewertet wird, sind die Fertigungsstunden. Je nach Fragestellung kann die Auswertung pro Standort, pro Leistungsart, pro Flotte, usw. angepasst werden.
​
​
Simulator-Logik
Der Digitale Asset Twin orientiert sich, mit den im Simulator abgebildeten Regeln, stark an den Instandhaltungsprozessen der SBB und wird dadurch zum digitalen Zwilling des Instandhaltungssystems. Wie in der Abbildung unten zu sehen ist, sind im Simulator sowohl die Fahrzeuge mit deren Instandhaltungstätigkeiten und Umläufen als auch die Anlagen und Mitarbeitenden hinterlegt. Um Instandhaltungsarbeiten zu generieren, verkehren die Fahrzeuge bei vergehender Zeit auf den zukünftig geplanten Umläufen, wodurch die Fahrzeuge km leisten und dadurch Instandhaltungsbedarf erzeugen. Um die Fahrzeuge und deren offene Instandhaltungsarbeiten in die für die Flotten vorgesehenen Anlagen und Gleise zuzuweisen, sind die hinterlegten Zuweisungs- und Priorisierungsregeln notwendig. Wenn ein Fahrzeug aufgrund seiner Priorität einer Anlage zugewiesen wurde, werden die für die Abarbeitung vorgesehenen Instandhaltungstätigkeiten, wie Reinigungs-, Betriebsunterhaltsmodule, Reparaturen und Revisionen (klassisch und modular), von den im Simulator integrierten Mitarbeitenden abgearbeitet.
​
Der DAT wurde nicht entwickelt, um die Instandhaltungsplanung zu ersetzen. Jedes Ergebnis einer Simulation, das aufgrund des Anfangszustands und der Randbedingungen entsteht, bildet eine mögliche Umsetzungsvariante ab. Es kann gute Gründe dafür geben, dass die Instandhaltungsplanung ein anderes Szenario für die Umsetzung vorsieht. Lokführer:Innen oder Rangierbewegungen sind aktuell nicht im DAT enthalten, weshalb beispielsweise darüber keine Aussagen getroffen werden können.
Schematische Darstellung der im Simulator realisierten Logik, die den IH-Bedarf und die IH-Kapazität erzeugt und miteinander abgleicht.
Ausblick
Im Juli 2023 startete die Entwicklung des Digital Asset Twin für Projekte und Revisionen, die notwendig ist, um auch die Arbeiten in den Werken simulieren zu können. Diese Entwicklung soll bis Anfang 2024 abgeschlossen sein, damit anhand der Ergebnisse des Simulators für die Aktualisierung des Anlagen-Richtplans 2024 auch Aussagen zur Auslastung der Werke gemacht werden können. Weiter in der Zukunft liegende mögliche Entwicklungen des Simulators sind die Implementierung der synchronisierten Produktion und die Simulation der Erreichbarkeit der Anlagen.